Schriftliche Arbeiten

Seminararbeiten und Masterarbeit

In den folgenden Zeilen finden sie Hinweise zur Redaktion schriftlicher Arbeiten. Diese Hinweise sollten eine Idee geben, über das, was erwartet wird. Es handelt sich dabei nicht um Regeln, die es strikt und stur zu folgen gilt. Sie können und sollten auch Ihren eigenen philosophischen Stil finden. So zu beginnen, wie es hier empfohlen wird, könnte dennoch hilfreich sein.

Bei einer schriftlichen Arbeit geht es zuerst darum, das zu behandelnde Phänomen zu identifizieren. Das Phänomen kann durch Beispiele veranschaulicht werden, sollte dann aber auch allgemein beschrieben werden. Die Beschreibung sollte reichhaltig sein, ohne nutzlose Details zu enthalten.

Ist das Phänomen bestimmt, so geht es in einer zweiten Phase darum, die philosophische Fragestellung zu klären. Welche philosophische Frage stellt sich in Bezug auf das genannte Phänomen? Die Frage sollte so weit wie möglich unabhängig von der später diskutierten Debatte formuliert werden. Bei der Formulierung der Frage ist es manchmal nützlich, Abgrenzungen verwandten Fragen gegenüber vorzunehmen. Philosophische Fragen können ganz unterschiedlicher Art sein. Manchmal geht es um ein Paradox, das beispielsweise aus Intuitionen dem Phänomen gegenüber entstehen. Andere Male geht es lediglich um das Bedürfnis, das Phänomen zu erklären.

Ist das Phänomen deutlich umschrieben und die betreffende philosophische Frage genau bestimmt, so geht es in der dritten Phase darum, sich über die verwendete Methodologie im Klaren zu werden. Warum und in wie fern bedarf die Frage einer philosophischen Behandlung, statt einer empirischen oder einer formal-logischen. Um die Methodologie klar zu machen, lohnt es sich an dieser Stelle, einen Überblick über die Arbeit zu liefern. Ist dieser Überblick prägnant, so erübrigt sich oft die explizite Festlegung der Methodologie. Der Überblick zeigt, warum die Frage philosophisch behandelt werden kann und soll.

In der vierten Phase der Arbeit werden Antworten auf die genannte Frage behandelt. Bei einer Seminararbeit kann es sich um einen einzigen Ansatz handeln, bei einer MA Arbeit sollten mehrere berücksichtigt werden. Typischerweise geht es hier um die Darstellung der Argumentation eines Textes. Es geht dann darum, den Text zu rekonstruieren, nicht zu wiederholen. Sie sollten mit Ihren eigenen Worten sagen, welche die Haupthese des Textes in Bezug auf ihre Frage ist und wie für diese These argumentiert wird. Zentral ist hier, dass Sie sich auf das konzentrieren, was für Ihre Frage relevant ist. Sie sollten sich bei der Darstellung des untersuchten Standpunktes häufig auf den besprochenen Text beziehen. Fügen Sie ein Zitat ein, so muss klar werden, wie Sie es verstehen, und warum Sie es so verstehen. Zitate und bibliographische Hinweise müssen genau zu dem passen, was Sie gerade sagen. Die dargestellte Position sollte so stark gemacht werden wie möglich. Sie muss vertändlich und plausibel sein. Ist sie es nicht, so stellt sich die Frage, warum Sie die Position überhaupt als untersuchungswürdig betrachten. Untersuchen Sie unterschiedliche Positionen, so müssen sie an dieser Stelle klar machen, was die Positionen voneinander unterscheidet. Dies gilt sowohl für die vertretenen Thesen, wie für die dafür angeführten Argumente.

In der fünften Phase der Arbeit werden die dargestellten Lösungen kritisch untersucht. Das bedeutet erstens, dass Sie die Positionen nach Kohärenz und Schlüssigkeit überprüfen. Folgt die behauptete These aus den gegebenen Argumenten? Passen die Argumente zueinander? Wird die Argumentation durch Beispiele angemessen veranschaulicht? Oft geht es auch darum, Prämissen klar zu machen, die im Text nur implizit vorhanden sind. Welche Argumente sprechen gegen die These und ist die Position in der Lage, solche Argumente zu entkräften? Gibt es deutliche Gegenbeispiele? Formulieren sie Argumente gegen die Position oder geben Sie Gegenbeispiele, so sollten Sie sich überlegen, wie ihr Kontrahent darauf erwidern könnte, oder sollte.

Schliesslich sollten Sie sich fragen, wie Sie nun zur Debatte stehen. Stimmen Sie der These zu? Haben sich noch andere Argumente dafür oder dagegen anzuführen? Haben sie einen eigenen Standunkt? Bei einer Seminararbeit kann dieser Teil skizzenhaft bleiben, bei einer MA Arbeit sollte er ausführlicher sein. Zentral wird er bei einer Dissertation. Im Unterschied zur Dissertation muss eine MA Arbeit keinen Anspruch auf Originalität erheben und muss daher die vorhandene Literatur zum Thema nicht ausführlich behandeln.

Bei einer Master Arbeit wird die Fähigkeit überprüft, Forschung zu treiben. Die Arbeit muss die Forschung nicht vorantreiben, sie sollte aber beweisen, dass Sie dazu in der Lage wären, wenn sie die relevante Forschung vollständnig zur Kenntniss hätten nehmen können. Die Arbeit wird mit Noten ab 5 (magna) bewertet, wenn diese Fähigkeit festgestellt werden kann. Noten von 4 bis 5 bedeuten, dass die Arbeit zeigt, dass sie zwar auf dem Weg dazu sind, allerdings noch nicht so weit gekommen sind. Unter 4 bedeutet, dass Sie auf dem falschen Weg sind. Mehr zur Bedeutung von Noten finden sie hier.

Vergessen Sie nicht: schriftliche Arbeiten stehen im Zentrum ihres Philosophie Studiums. Durch das Schreiben von Arbeiten lernen Sie ihre Gedanken auszudrücken. Das Hauptziel der Übung besteht darin, diesen Ausdruck immer genauer, reichhaltiger, ausdruckskräftiger und überzeugender zu gestalten. Sie erwerben nicht nur passives Wissen über die Philosophie und ihre Geschichte, sondern auch und besonders die Fähigkeit,  sich an den gegenwärtigen Debatten, sei es auch nur schrittweise, mit ihrer eigenen Stimme zu beteiligen. In dem Sie lernen, Ihre Sicht der Dinge auszudrücken, können Sie auch lernen, sich selber etwas besser zu kennen.